Da in den letzten 5 Tagen überhaupt keine Eigenkritik gekommen ist:
In dem Fallbeispiel sind mehrere Dinge, die mir gut gefallen, aber einige Sachen, die mich auch massiv stören.
Sicherlich ist es richig, in seine Überlegungen zur Verdachtsdiagnose auch die Auffindesituation mit einzubeziehen, aber die Auffindesituation ist halt nur ein Mosaiksteinchen. hier aber sofort wegen der Anwesenheit von Alkohol gleich eine maßgebliche Beteiligung an dem momentanen Zustand abzuleiten, kann einen massiv fehlleiten … Es wurde sofort ohne eine weitere Frage die Nachforderung eines Notarztes mit „Zustand mit starken Schmerzen nach (Blinddarm-)Operation und V.a. C2“ abgesetzt.
Interessant zu diesen Pauschalisierungen:
http://www.cirs-notfallmedizin.de – dort gibt es reale Beispiele, dass aus so einem Schubladendenken Patienten massiv zu Schaden gekommen sind.
Vermisst habe ich eine allgemeine Anamnese (Vorerkrankungen, Medikamente …) deutlich früher, außerdem, gerade in diesem Fall ergänzt durch Fragen wie:
Wann war die Operation, wann sind Sie entlassen worden?
Wann war die letzte Kontrolluntersuchung / Besuch beim Hausarzt? Wurde der Termin wahrgenommen? gibt es hier schriftliche Unterlagen (z.B. Entlassbrief – wenn ja, zeigen lassen).
Dadurch hätte das Team sofort gewusst, dass die Operation länger her ist und hätte die Situation vielleicht anders beurteilt – hier wurde, aufgrund der Äußerung der Freundin und einiger leerer Flaschen gleich in eine Schublade einsortiert, aus die der Patient erst nach ausführlicher Anamnese des RTW-Teams rausgekommen ist.
Zur Körperlichen Untersuchung:
Vermisst habe ich eine Temperaturmessung – vor allem, wenn das Team von einer kürzlich zurückliegenden OP ausgeht. Gerade bei postoperativen Zuständen sind Wundinfektionen nicht selten – zumal passen die Vitalwerte (Bedarfstachycardie) auch dazu.
Außerdem sollte man sich die Zunge (feucht / Trocken) zeigen lassen – bei Fieber ist die Zunge auch oft trocken, vor allem, wenn wenig Flüssigkeit zu sich genommen wird.
Bei der Untersuchung vom Bauch wurde nicht strukturiert vorgegangen. Zuerst kommt die Inspektion – also das Betrachten: hier achtet man in diesem Fall besonders auf die Operationswunden (Lokalisation, Aussehen, Entzündungszeichen wie Rötung, Sekretbildung…).
Nach der Inspektion kommt (beim Bauch) die Auskultation – es wird also mit dem Stethoskop nach Darmgeräuschen gelauscht, hier ist das Vorgehen ähnlich wie beim Abtasten, man geht auch quadrantenweise vor. Hier wird geschaut, wie die Darmgeräusche sind – da manche Zustände (z.B. mechanischer Darmverschluss) charakteristische Geräusche machen.
Danach kommt erst das Abtasten, dessen Vorgehen ja brauchbar beschrieben worden ist.
Allerdings frage ich mich hier nach der Relevanz für die Untersuchung?
Einfache, wesentlich aufschlussreichere Maßnahmen (Anamnese !!!) wurden nicht gemacht, stattdessen wird untersucht – zumal das Untersuchungsergebnis auch keine Änderung des Ablaufes bedingt (außer „Dann melde ich dass an den Kollegen weiter.“) kann man sich diesen schmerzhaften Part sparen., der Notarzt wird dieses ohnehin durchführen – und davon hängt dann auch die Therapie ab – diese Untersuchung ist ja eher Just for fun gewesen.
Erst nach der Untersuchung gab es die Frage nach dem Operationszeitpunkt - die hätte, wie ihr vmtl. selbst schon eingesehen habt, deutlich früher kommen müssen ... man hatte das Gefühl, dass ihr davon ausgegangen seid, dass die OP wenige Tage her ist.
Vom Rettungsdienst ist recht früh auf Anamnese gesetzt worden – und das auch noch sehr strukturiert – also sehr in Ordnung.
Zuletzt geändert von
Markus am 04.07.2010, 12:48, insgesamt 1-mal geändert.